Fuzzy-Logic hatte es mir angetan… aber nur in der Theorie. Bis heute habe ich keine Fuzzy-CPU in den Fingern gehabt.
Es tut sich was…..
Die Zeit geht ins Land, Prozessoren werden entwickelt, werden Renner oder gehen wieder sang- und klanglos unter. Wer den aktuellen Markt beobachtet hat sicherlich bemerkt, dass die Prozessorentwicklung auf der Stelle tritt. Neuerungen beschränken sich auf Geschwindigkeitssteigerung durch höhere Integration oder Taktrate. Die wirklichen Neuerungen sind ausgestorben. Die Steigerung der Busbreite reisst keinen mehr vom Stuhl und wenn das Ding 1MB OnChip Ram hätte wäre das auch kein Grund für schlaflose Nächte. Eine langweilige Zeit bricht an. Tut sie das? Nicht ganz! Es gibt da eine Entwicklung die momentan die Runde unter dem Prädikat “brand neu” macht… Die FUZZY Logik. Dies soll an uns nicht vorbeigehen. Also nun die “unltimative Wahrheit” über Fuzzy Logik:
Die Anführungszeichen deuten es an: Fuzzy ist weder brand neu, noch ist dies die ultimative Wahrheit (obwohl NOP ansich wohl absolut ultimativ ist). Also wollen wir erst einmal den Schleier der Geschichte heben: FUZZY Logik wurde 1965 (!) von Lotfi A. Zadeh entwickelt und ist seit dieser Zeit wohl schon etwas in Vergessenheit geraten. Abgesehen von der Anwendung in einem schwedischen Hochofen. L.A. Zadeh hat seine Fuzzy Sets eingeführt um unscharfe Mengenzugehörigkeiten mathematisch zu formulieren. Solche Zuordnungsprobleme entstehen bei Aussagen wie “ein großer Baum”, “ein schneller Rechner” oder “ein teures Auto”. Es war Zadehs Idee , die Objekte nicht über Grenzwerte (z.B.: Bäume über 20m Höhe) einzelnen Mengen (der der großen Bäume) zuzuordnen, sondern er definierte Zugehörigkeitswerte my, die zwischen 0 und 1 liegen können, für die einzelnen Elemente (Bäume) zu den Mengen. Bei einem Wert von 0 gehört das Element nicht zur Menge, bei einer 1 ist es der Menge vollständig zuzuordnen. Liegt der Wert aber zwischen 0 und 1, ist das Elementder Menge nur teilweise zuzuschreiben. Es lassen sich hiermit Elemente mathematisch erfassen, obwohl sie keiner Menge eindeutig zuzuordnen sind. Beschränkt man sich auf die Zugehörigkeitswerte 0 und 1, so geht die Fuzzy Logik in die binäre über. Dies ist im großen und Ganzen die Idee die hinter der Fuzzy Logik steckt und womit ich mich nun gezielt beschäftigen will, ist das “wirken” der Fuzzy Logik in unserem Leben. Für diejenigen die der mathematische Aspekt mehr reizt empfehle ich den folgenden Text zu überspringen und sich dem Kapiten “Fuzzy Theorie” zu widmen. Doch nun zum “Sozialaspekt” :-)…
* Der Fussel-Boom
Das die Fuzzy-Logik schon einige Jahre alt ist wissen wir nun, doch warum wird sie jetzt so aktuell? Keiner weiss es genau. Ich möchte spekulierend behaupten, dass es in der Zeit von 1965 bis heute soviele Neuigkeiten in Computersektor gab, dass keine Zeit für solch’ Spirenzchen war. Doch nun wo sich die Japaner (und die sind es die die Entwicklung so voran treiben) ein gutes Vorsprungpolster geschaffen haben, bleibt Raum und Geld für Neues, das zudem auch noch Gewinn verspricht. Hinzu kommt die mentalitätsbedingte Neugierde an jeglichen technischem Schnickschnack, die in Japan für grossen Absatz neuer Geräte sorgt (die erste vollautomatische Brotbackmaschiene stammt aus dem Land der aufgehenden Sonne). So ist der Einzug der FL in den Bereich des alltäglichen Lebens eine logische Konsequenz. Doch stellt die FL den geschickten Werbefachmann vor ein unerwartetes Problem: Was ist FL und wie lässt sich FL verkaufen? Hideo More, Chef der Consumer Electronic Abteilung bei Matsushita (der grösste Japanische Konzern) sieht es sehr einfach: “Fuzzy Logik ist ein Weg, elektronische Produkte freundlicher zu machen”. Matsushita ist der wohl rührigste FL Forscher/Hersteller der schon einige Produkte mit FL auf den Markt hat, wie z.B. einen Staubsauger,der die Saugkraft automatisch nach Staubvorkommen und Untergrund einstellt. Die Frage nach dem Preis ist eine weitere Sache die den Kunden interessiert. FL bricht die allgemein gültige Regel, dass Neues immer teurer sein muss. Konsumgüter mit FL verwenden ausser dem Controller konventionelle Mikrochips und kosten das gleiche oder nur geringfügig mehr als vergleichbare “dumme” Modelle. Die Einführung der FL Produkte wird in Japan relativ gut forciert wobei die USA, das FL Ursprungsland, den Einstieg verpennt hat. Paradepferd der Japanischen Fuzzy-Liga ist der SONY Palmtop PTC-500, der, wie der Name schon sagt, Handflächengroß daher kommt. Er besitzt keine Tastatur sondern er wird über seinen Bildschirm mit einem Spezialstift gesteuert. Der Clou ist aber, dass er dank FL in der Lage ist den gesamten Japanischen Schriftsatz (3500 verschiedene Schriftzeichen) zu erkennen und das aus der Handschrift des Eingebers. Diese erstaunliche Fähigkeit erklärt sich zum einen aus der angewandten FL, zum anderen aus 2MB (!) ROM (=Software) und verwendung eines MOTOROLA 68000 mit 8Mhz, der sich ,wie sich herausstellte, sehr gut mit FL- Controllern verträgt. Auch hier in Deutschland ist die FL schon zu bewundern: der Camcorder NV-S1E von Panasonic korrigiert die Zitterbewegungen der Hand (die die logische Folge des geringen Gewichts des Geräts ist) per durch FL gesteuerten Hochgeschwindigkeitsmotor, der den CCD Chip gegenkorrigiert. Was bei beiden Geräten auffällt ist, dass nie das Wort Fuzzy Logik benutzt wird. Doch auch die ist schnell geklärt: Fuzzy Logig lässt einen Laien, also den Kunden, eher an ein Spiel o.Ä. denken als an eine hochentwickelte Technik.So dachte man eine ganze weile nach, wie sich FL verkaufen lässt. Attribute wie “Intelligent”, “klug” oder “denkend” waren bereits an normale Prozessor-gestzeuerte Haushaltsgeräte vergeben… doch was soll die viel “klügere” FL nun können? Zuerst brach man sich fast einen ab mit Formulierungen wie “..schaut nach, ob ihre Wäsche schon sauber ist, und ent- scheidet dann ob, wann, wer, etc..”. Doch das erzeugt eher misstrauen beim Kunden, da ihm plötzlich seine Waschmaschiene nicht mehr ganz geheuer war und er daran zweifelte *wer* hier jetzt der schlauere ist. So ist man bis jetzt (anfang 1991) so verblieben, die FL einfach nicht Werbetechnisch auszuschlachten. Als Ausblick in die Zukunft ist mit der FL sicher noch zu rechnen, besonders ist die Menschheit wieder einen kleinen Schritt näher an einen HAL 9000 herangekommen…ob das allerdings ein Fortschritt ist, möchte ich dahingestellt lassen.
* FUZZY THEORIE (oder: Zwischen WAHR und Fast WAHR)
Die üblichen mathematischen Modelle in den Naturwissenschaften versuchen die reale Welt mit klassischen Methoden abzubilden. Hierzu sind vielfältige Idealisierungen erforderlich, um zu einem brauchbaren mathematischen Ansatz zu gelangen. Insbesondere müssen präzise Eingangsdaten und Fehlergrenzen bekannt sein. Die bedeutet mathematisch, dass sich Daten eindeutig scharfen Mengen zuordnen lassen. Bei vielen alltäglichen Aussagen wie Beispielsweise “eine hohe Temperatur” ist jedoch nur eine vage Eingruppierung möglich. Die Einführung von klaren Grenzwerten (“Temperaturen über 100 Grad Celsius”) hilft manchmal weiter. In einigen Fällen ist diese Vorgehen als willkürlich anzusehen, will man z.B. angeben, bis zu welchem Lebensalter ein Mensch jung ist. Nicht nur die Willkür, sondern auch der hohe Aufwand sprechen oft gegen die Verwendung scharfer Mengen. Man denke beispielsweise an ein Lehrbuch über das Golfspiel und versuche danach einen formalen Algorithmus zu entwickeln, der die Golftechnik vollständig beschreibt. Für komplexe Steuerungsvorgänge ist es einerseits schwierig, die Daten in einer Sinnvollen Genauigkeit zu erfassen und andererseits ergeben sich schnell derart umfangreiche Gleichungssysteme, dass selbst modernste Computer kapitulieren, insbesondere wenn es um Echtzeitanwendungen geht. Probleme der allgemeinen Systemtheorie haben Lotfi A. Zadeh zu einer mathematischen Behandlung vager Begriffe angeregt, die er 1965 veröffentlichte. Zusätzlich zu den gewöhnlichen, scharfen Mengen führte er unscharfe Mengen ein und nannte sie *Fuzzy Sets*. Die Zugehörigkeit my eines Elements zu einer Menge ist bei ihnen nicht durch die Werte 0 oder 1 bzw. Wahr oder Unwahr charakterisiert, sondern kann jeden Wert der reellen Zahlen (unendlich viele) zwischen 0 und 1 annehmen. Beschränkt man sich auf die Zugehörigkeitswerte 0 und 1, geht die Fuzzy Logik in die bekannte Binäre über. Sie stellt somit keinen Wiederspruch zur klassischen zweiwertigen Logik dar, sondern ist als deren Erweiterung oder Verallgemeinerung aufzufassen. Folgendene Merkmale sind für Fuzzy Logik charakteristisch:
* Fuzzy Logik basiert auf dem Grundgedanken, dass sich die Exaktheit der klassischen Mathematik nicht beliebig weiterentwickeln lässt, oder anders formuliert, dass anders formuliert, dass eine hohe Genauigkeit und eine grosse Komplexität bei vertretbarem Aufwand unvereinbar sind. * Fuzzy Logik ist wirtschaftlich, weil keine Kosten für überflüssige Präzision anfallen. * Fuzzy Logik kann ihre Vorteile insbesondere bei Anwendungen herausspielen, wo eine hohe Komplexität und/oder schlecht definierte Eingangsgrössen die klassischen mathematischen Methoden überfordern. Dies sind beispielsweise die Sprach- und Schrifterkennung in Sprchcomputern, die Analyse von Objekten in der Bildverarbeitung oder die Online-Steuerung komplizierter Prozesse.
Es mag eventuell der Eindruck entstanden sein, dass Fuzzy Logik unmathematisch sei, was ich sofort brutalst unterbinden will. Man sollte die höhere Algebra gut beherrschen, wenn man FL im Detail nachvollziehen will. Mit Hilfe der mathematischen Relationenthorie lassen sich aus den Fuzzy Sets Gleichungssysteme der Form
(Fraktur R)” A(index i) = b(index i’) i=1,…N
herleiten, bei denen A(index i) und B(index i) gegebene unscharfe Mengen für die Elemente i = 1,…N sind und (Fraktur R”) die gesuchte unscharfe Relation als Lösung. Exakt diese Gleichungssysteme treten in der Technik bei sog. unscharfen Reglern auf, die komplexe Systeme oder komplizierte Prozesse regeln oder Steuern. In den Kontrollregeln können dabei umgangssprachliche linguistische Variablen formuliert sein, z.B. als Temperaturwerte “sehr hoch”, “hoch”, “normal”, “niedrig” oder “sehr niedrig”. Existiert eine Lösung des obigen Gleichungssystems, so ist der unscharfe Regler technisch realisierbar. Dieses trifft für viele aktuelle Steuerungsprobleme zu und erklärt den starken Boom der Fuzzy Logik. Togai InfraLogic hat für Echtzeitanwendungen im Steuerbereich den Digitalen Fuzzy Przessor FC 110 DFP entwickelt, der in Deutschland durch die GTS Trauzel GmbH in Quickborn vertrieben wird. Die verwendete Architektur kombiniert ASIS (Application Specific Instruction Set) und RISC. Eine speziell entwickelte Fuzzy Programming Langugae (FPL) erlaubt die hochsprachliche Programmierung der Fuzzy Rules.